Bei betroffenen Schafen wurden hohes Fieber (bis 42°C), geschwollene Zungen, Fressunlust, Speicheln, und lethargisch bis moribundes Verhalten beobachtet. Im weiteren Verlauf wurden auch Läsionen im Maul und an der Zunge berichtet. Auf der Homepage der Universität Wageningen ist von einer Letalitätsrate von 0 bis zu 50% die Rede. Mittlerweile sind auch Rinder von dem Ausbruch betroffen. Sie zeigen früh einen starken Einbruch der Milchleistung und im Verlauf die typischen Veränderungen nach BTV-Infektion.
Als Maßnahmen hat die niederländische Regierung alle Betriebe, in denen das neue Blauzungenvirus (BTV) gefunden wurde, gesperrt, Repellentien anwenden lassen und epidemiologische Ermittlungen durchgeführt (food.ec.europa.eu). Für die gesamten Niederlande wurde der Status „frei von BTV“ ausgesetzt. Das heißt, Rinder, Schafe und Ziegen dürfen aus den Niederlanden nur noch nach den Maßgaben der Delegierten Verordnung (EU) 2020/688 der Kommission innerhalb der Union verbracht werden. (eur-lex.europa.eu).
Die Anzahl der betroffenen Betriebe ist seit Feststellung des Ausbruchs kontinuierlich stark gestiegen (www.nvwa.nl). Aufgrund der Dynamik des Geschehens besteht die Gefahr, dass auch deutsche Betriebe betroffen sein können. Tierärzte werden gebeten, besonders wachsam zu sein. Insbesondere kleine Wiederkäuer und Rinder, mit BT-typischen klinischen Symptomen, sollten auf das Vorliegen einer BTV-Infektion untersucht werden.
Eine kausale Therapie für infizierte Tiere gibt es nicht. Durch Verbringungsverbote kann die sprunghafte Ausbreitung des Virus über größere Distanzen erschwert und mittels Aufstallung und Gnitzenbekämpfung die sukzessive Ausbreitung möglicherweise etwas verlangsamt werden. Die Impfung ist eine weitere, besonders effiziente Maßnahme zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit.
Das neue Virus trifft auf eine immunologisch weitgehend naive Tierpopulation. Die Erfahrungen mit inaktivierten Impfstoffen gegen BTV-8 und BTV-4 haben gezeigt, dass die Impfstoffe sicheren Schutz vor Infektion und klinischen Erkrankungen vermitteln. Derzeit gibt es in der Europäischen Union keinen zugelassenen Impfstoff, der eine BTV-3-Komponente enthält, und eine Kreuzimmunität durch eine Impfung mit einem der bestehenden Impfstoffe ist aufgrund der darin verwendeten Serotypen nicht zu erwarten. Die Virulenz des neuen Virus lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Die Beobachtungen in den Niederlanden deuten bislang aber darauf hin, dass es sich bei dem BTV-3-Stamm um eine Variante handelt, die sich – anders als die anderen, derzeit in der EU zirkulierenden Serotypen – durch eine hohe Morbidität und Mortalität auszeichnet. Deshalb sollte alles darangesetzt werden, dass vor Beginn der Gnitzensaison 2024 ein BTV-3-Impfstoff zur Verfügung steht. Neben der Möglichkeit, einen Impfstoff komplett neu zu entwickeln und zuzulassen, existiert bereits eine Reihe von zentral durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA zugelassenen multistrain-Impfstoffen, bei denen die Erweiterung um einen zusätzlichen Serotyp im vereinfachten Verfahren möglich ist.
Aus Sicht der StIKo Vet sollte – sobald ein entsprechender Impfstoff zur Verfügung steht und in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung des Ausbruchsgeschehens – erwogen werden, einen Impfgürtel gegen BTV-3 in den betroffenen Grenzgebieten zu legen. Mögliche, dahingehende tierarzneimittel- und tierseuchenrechtliche, an dem erfolgreichen Vorgehen bei BTV-8 orientierte Entscheidungen von Bund und Ländern könnten dazu beitragen, den Status „frei von BTV“ aufrechtzuerhalten und schwere Krankheitsverläufen bei empfänglichen Wiederkäuern, insbesondere bei Schafen, zu verhindern.
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Am 19.9.2023 informierte Herr René van den Brom vom Tiergesundheitsdienst der Niederlande den Arbeitskreis Wiederkäuer der StIKo Vet über die derzeitige BTV-3 Situation in den Niederlanden und das bei betroffenen Tieren beobachtete klinische Bild. Die Folien des Vortrages wurden freundlicherweise von Herrn van den Brom zur Verfügung gestellt und stehen hier zum Download bereit.