Es ist in Deutschland wiederholt zu Lieferengpässen bei zugelassenen EHV-Impfstoffen gekommen – aktuell ist voraussichtlich bis Mitte 2016 Equip EHV 1,4 nicht verfügbar, und Prevaccinol wird möglicherweise erst im zweiten Quartal 2016 wieder zur Verfügung stehen. Dieser Umstand ist höchst problematisch, da, entsprechend der Gebrauchsanweisungen, ein Immunschutz nur durch regelmäßige Wiederholungsimpfungen in halbjährlichem Abstand erzielt werden kann. In der Leistungs-Prüfungs-Ordnung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ist aktuell nur die Influenzaimpfung vorgeschrieben. Wie auch andere Zuchteinrichtungen verlangt hingegen der Deutsche Vollblutzuchtverband bei Verbringen von Pferden in Zuchtbestände den Nachweis des Impfschutzes gegen EHV. Neben der medizinischen Notwendigkeit ergeben sich aus diesen Verbringungsauflagen zusätzliche Gründe, weshalb das Impfregime nicht unterbrochen werden sollte.
Aufgrund der antigenetischen Ähnlichkeit der in den Impfstoffen enthaltenen EHV-1 und EHV-4-Stämme wird im Falle eines Lieferengpasses empfohlen, für Wiederholungsimpfungen auf andere verfügbare EHV-Impfstoffe auszuweichen, ohne dass eine erneute Grundimmunisierung zwingend erforderlich wäre. Diese Empfehlung stützt sich auf indirekte serologische Hinweise. Während der Grundimmunisierung sollte allerdings ein Produktwechsel möglichst vermieden werden. Bei einem Wechsel von Equip EHV 1,4 zu Prevaccinol ist der Tierhalter durch den Tierarzt aufzuklären, dass für dieses Produkt die Indikation Stutenabort nicht ausgewiesen ist. Die Aufklärung sollte nachvollziehbar in der Patientenakte dokumentiert sein. Bei einer Verlängerung des Impfintervalls über sechs Monate hinaus wird eine neuerliche Grundimmunisierung empfohlen.
Die Hersteller sind bemüht, die den Lieferengpässen zugrundeliegenden Schwierigkeiten abzustellen und Impfstoffe in ausreichender Menge bereitzuhalten. Wenn deutschlandweit kein alternatives Produkt verfügbar ist, wie in der jetzigen Situation, besteht die Möglichkeit, Impfstoffe, die im Ausland für die entsprechende Indikation zugelassen sind, per Ausnahmegenehmigung anzuwenden . Dies muss vom behandelnden Tierarzt bei der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde beantragt werden . Für aus dem außereuropäischen Ausland zu beziehende Impfstoffe sind darüber hinausgehende Importbestimmungen zu beachten . Da für jedes Bundesland einzeln geregelt ist, an wen die Anträge zu richten sind, werden die praktizierenden Tierärzte gebeten, sich an ihr jeweiliges Veterinäramt zu wenden.
Zur Information sind im Anhang Listen der in Deutschland bzw. innerhalb der EU zugelassenen EHV-Impfstoffe und der entsprechenden Hersteller beigefügt.