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Aktuelles von der StIKo Vet

Weitere Informationen zur Impfung gegen hochpathogene aviäre Influenzaviren

Geflügel Kurzmitteilung

In Deutschland bereiten die zuständigen Behörden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe den Einsatz von Impfstoffen gegen HPAI vor.

Im Juni 2023 erläuterte die StIKo Vet in einer ausführlichen Stellungnahme die Möglichkeiten der Impfung gegen hochpathogene, aviäre Influenzaviren (HPAIV) (siehe Stellungnahme): Mit der Durchführungsverordnung 2023/361/EU hat die Europäische Kommission einen Paradigmenwechsel in der Bekämpfung der Geflügelpest vollzogen.  Zuständigen Behörden ist es nun möglich, die Impfung von Geflügel gegen HPAIV – begleitet von strengen Überwachungsmaßnahmen – zu genehmigen. Der Grund für diesen Paradigmenwechsel liegt in der Tatsache, dass die Viren mittlerweile dauerhaft in Zug- und zunehmend auch in heimischen Vogelarten zirkulieren, und trotz konsequenter, europaweiter Bekämpfungsmaßnahmen eine inakzeptabel große Zahl an Wildvögeln und gehaltenen Vögeln verendet und Geflügelbestände getötet und unschädlich beseitigt werden mussten.  Die StIKo Vet hat in ihrer Stellungnahme die rechtliche Möglichkeit, Bestände durch eine effektive Impfprophylaxe zusätzlich vor HPAIV schützen zu können, uneingeschränkt begrüßt.

Zwar steht nach wie vor kein geeigneter, regulär zugelassener Impfstoff gegen aktuell zirkulierende HPAI-Viren zur Verfügung. Im letzten Jahr wurden aber zwei rekombinante HVT-H5 Impfstoffe, Vectormune der Firma CEVA und HVT-H5 (COBRA) der Firma Boehringer Ingelheim Vetmedica, am Wageningen Bioveterinary Research Institut in Hühnern getestet. Die immunologisch HPAIV-naiven Tiere wurden am ersten Lebenstag immunisiert und nach acht Wochen mit einem aktuellen, heterologen H5N1-Challengevirus infiziert. Alle geimpften und direkt infizierten sowie alle geimpften Kontakt-Tiere überlebten den Versuch. Bei keinem der geimpften Tiere (unmittelbar infiziert oder Kontakt) wurde eine kloakale Virusausscheidung beobachtet (Germeraad et al., 2023).

Da die HVT-Impfstoffe beim Wassergeflügel nicht eingesetzt werden können, wurden durch die zuständige französische Behörde ANSES zwei weitere Impfstoffe in Enten getestet. Der eine Impfstoff, Duck H5-SRV vaccine®, ist ein RNA Replicon Impfstoff, der von der Firma CEVA entwickelt wurde. Der zweite, Volvac B.E.S.T. AI+ND®, basiert auf rekombinant in Insektenzellen exprimiertem H5-Antigen und wurde von Boehringer Ingelheim entwickelt. In diesen Versuchen wurden Entenküken zweimal unter Feldbedingungen im Abstand von 28, bzw. 18 Tagen parenteral geimpft und jeweils im Alter von sieben und elf Wochen einer Belastungsinfektion unterzogen. Auch wenn die geimpften Tiere nach Belastung Virus ausschieden, war die Virusausscheidung im Vergleich zu ungeimpften, infizierten Kontrolltieren aber signifikant reduziert. Dieser Effekt war im Alter von sieben Wochen, d.h. drei Wochen nach Abschluss der Immunisierung deutlich ausgeprägter als nach elf Wochen. In einem zweiten Versuchsdurchgang wurde die Virusübertragung von geimpften, infizierten Tieren auf geimpfte Kontakttiere im Alter von sieben Wochen untersucht. Im Vergleich zu ungeimpften Kontrolltieren schieden die infizierten, geimpften Tiere -unabhängig vom verwendeten Impfstoff- nur einen Bruchteil der Virusmenge aus. Auch in diesem Versuch konnte weder bei den geimpften, direkt inokulierten noch bei den geimpften Kontakttieren eine kloakale Virusausscheidung festgestellt werden (Grasland et al. 2023).

Sowohl in dem Infektionsversuch mit Hühnern, wie auch in dem Entenversuch lag der R0-Wert bei geimpften Vögeln deutlich unter eins. Entsprechend der unten zitierten Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ist dies eine Voraussetzung, die ein zukünftiger HPAIV-Impfstoff erfüllen muss (Efsa Panel on AnimalHealth and Animal Welfare, 2023). Insgesamt sind diese Ergebnisse erfolgversprechend und lassen hoffen, dass bald entsprechende Impfstoffe zur Zulassung kommen werden. Die Daten zeigen jedoch auch, dass nicht mit einer sterilen Immunität nach HPAIV-Impfung gerechnet werden sollte (siehe Anhang).

In Deutschland bereiten sich die zuständigen Behörden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe derzeit auf den Einsatz der zu erwartenden, regulär zugelassenen Impfstoffe vor. In Frankreich, wo insbesondere der Bereich der Entenmast existenziell von HPAI bedroht ist, wurden vergangenes Jahr fünf HPAIV-Impfstoffe per Ausnahmegenehmigung nach Artikel 110 (2) der europäischen Tierarzneimittel-Verordnung 2019/06 zugelassen. Eine entsprechende Liste findet sich auf der Homepage der französischen Zulassungsbehörde (siehe: ANSES). Im Oktober 2023 führte das französische Landwirtschaftsministerium eine verpflichtende HPAIV-Impfung für Mastenten ein. Eingesetzt werden können dabei die beiden oben beschriebenen, mittlerweile per Ausnahmegenehmigung zugelassenen Impfstoffe, Volvac B.E.S.T. AI+ND® und Duck H5-SRV vaccine®. Eine ausführliche Erläuterung der französischen Impfstrategie steht auf der Homepage des französischen Landwirtschaftsministeriums zur Verfügung(siehe: Ministère de l' Agriculture).

In unmittelbarer Reaktion darauf haben die USA den Import von jeglichem Lebendgeflügel aus Frankreich sowie Enten, Enteneier und Entenprodukten aus der Europäischen Union sowie Island, Norwegen, der Schweiz und Lichtenstein untersagt (siehe: APHIS). Dieser Schritt wird mit der erhöhten Gefahr einer unerkannten Viruszirkulation in geimpften Beständen und damit mit einer erhöhten Eintragsgefahr in die USA begründet. Obwohl die USA selber derzeit mit einer Vielzahl von HPAIV- Ausbrüchen in Geflügelhaltungen konfrontiert sind, ist diese Sorge grundsätzlich nachvollziehbar. In ihrer Stellungnahme hat die StIKo Vet daher auf die besondere Bedeutung stringent umgesetzter Überwachungsmaßnahmen in Impfbetrieben hingewiesen. Wie das in der EU Verordnung geforderte hohe Maß an Überwachungssicherheit bei vertretbarem Aufwand  gewährleistet werden kann, ob z.B. eine Virusprävalenz von fünf Prozent mit einem Konfidenzniveau von 95 Prozent mittels Tränkebeprobung detektiert werden kann, und welche Tiergruppen oder Regionen geimpft werden sollten, ist Teil der derzeitigen Diskussion. Ein flächenhafter Einsatz von HPAIV-Impfstoffen gerade im Bereich der Klein- und Hobbyhaltung wird aufgrund des aktuell erforderlichen Überwachungsaufwands kaum umsetzbar sein.

 

Weiterführende Literatur:

Efsa Panel on Animal Health and Animal Welfare, EURL for Avian Influenza, et al. (2023) Vaccination of poultry against highly pathogenic avian influenza - part 1. Available vaccines and vaccination strategies. EFSA J. 21 (10) e08271. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2023.8271.

Harder, de Wit, et al. (2023) Epidemiology-driven approaches to surveillance in HPAI-vaccinated poultry flocks aiming to demonstrate freedom from circulating HPAIV. Biologicals. 83 101694. https://doi.org/10.1016/j.biologicals.2023.101694.

Grasland, Schmitz, et al. (2023) Expérimentation de vaccination des canards mulards en élevage contre un virus influenza aviaire hautement pathogène A(H5N1) clade 2.3.4.4b. (11.Januar 2024) https://agriculture.gouv.fr/.

Germeraad, Velkers, et al. (2023) Transmissiestudie met vier vaccins tegen H5N1 hoogpathogeen vogelgriepvirus (clade 2.3.4.4b). doi: https://doi.org/10.18174/584306.

EFSA, ECDC, et al. (2023) Avian influenza overview September-December 2023. EFSA J. 21 (12) e8539. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2023.8539.

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