Lyme-Borreliose
Leitsymptome:
- Arthritis, z.T. werden Glomerulonephritiden beschrieben
Labordiagnostik:
- serologische Tests (z.B. ELISA und Westernblot)
- direkter Erregernachweis mittels PCR oder Kultur (aus entzündetem Gewebe, wissenschaftl. Fragestellungen)
Ätiologie
Die Lyme-Borreliose (Lyme-Arthritis) wird durch Bakterien des Borrelia burgdorferi sensu lato Komplexes verursacht. Dieser Erreger-Komplex umfasst eine Vielzahl von Borrelienarten, z. B. B. burgdorferi sensu stricto (Bbss), B. afzelii, B. bavariensis und B. garinii.
Epidemiologie
Die Lyme-Borreliose wird auf der nördlichen Hemisphäre beobachtet. Die Übertragung der Erreger auf Säugetiere, Vögel und Reptilien erfolgt über Schildzecken der Gattung Ixodes, in Deutschland in der Regel durch den Gemeinen Holzbock (I. ricinus). Im Laufe ihrer Entwicklung können Zeckenlarven oder -nymphen während des Saugaktes an Kleinsäugern (z. B. Mäuse) Borrelien aufnehmen, die sie dann sowohl als Nymphen und auch als adulte Zecken an neue Wirte weitergegeben. Larven sind nach dem Schlupf aus dem Ei jedoch nicht mit Borrelien aus dem oben genannten Komplex infiziert. Die Übertragung der Borrelien von der Zecke auf das Säugetier (z. B. Hund, Pferd, Mensch) erfolgt in der Regel erst ca. 24 Stunden nach dem Zeckenstich. Die in Zecken beobachtete Prävalenz der verschiedenen Borrelienspezies ist in Europa starken regionalen und jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen und beträgt zwischen 5 % und 35 %, wobei eine einzelne Zecke auch mehrere Borrelienarten gleichzeitig tragen kann. Untersuchungen mit validierten Methoden ergaben, dass regional abhängig ca. 5 – 20 % der Hunde Antikörper gegen Erreger der Lyme-Borreliose tragen. Nur ein geringer Teil der Hunde mit spezifischen Antikörpern gegen Borrelien zeigt hingegen klinische Veränderungen einer Lyme-Borreliose. Auch Katzen können mit Borrelien infiziert werden; eine Erkrankung ist jedoch extrem selten.
Pathogenese
Mit Beginn der Blutmahlzeit beginnen Borrelien in der Zecke zu wandern. Sie bewegen sich vom Darm der Zecke zu deren Speicheldrüse. Auf dem Weg dorthin wird die Produktion des Oberflächenproteins A (OspA) in den Bakterien eingestellt und dessen Expression durch das neu synthetisierte Protein OspC ersetzt. Experimentelle Studien weisen darauf hin, dass sich im Säugetierwirt die Borrelien nach dem Zeckenstich im Verlauf mehrerer Wochen durch Migration im Gewebe von der Eintrittsstelle in alle Richtungen aktiv ausbreiten, dabei aber nur selten in die Blutbahn gelangen. Der massive Anstieg der Erregerzahl in Geweben in Kombination mit der zellulären und humoralen Abwehr des Wirtes kann zu Entzündungsreaktionen führen, die klinisch erkennbare Veränderungen zur Folge haben.
Klinik
Viele infizierten Hunde erkranken nicht. Experimentell traten klinische Veränderungen bei Hunden 2-5 Monate post infectionem oder später auf, die sich als Gelenkschwellung mit Lahmheit unterschiedlichen Grades und auch als Lymphadenopathie manifestieren. Einzelne Fallberichte zu kardialen und neurologischen Veränderungen liegen zwar vor, ein kausaler Zusammenhang wurde jedoch nicht belegt. Einige Hunderassen (z. B. Berner Sennenhund in Europa, Labrador in USA) erkranken häufig an schweren Glomerulonephritiden. Bei einigen dieser Hunde wurden Immunkomplexe mit spezifischen Borrelienantigenen in den Nieren gefunden.
Diagnose
Antikörpertests und direkte Erregernachweisverfahren sind zur Abklärung der Lyme-Borreliose verfügbar. Mittels spezieller Methoden zur Antikörperbestimmung (inbesonders durch Bestimmung der Qualität der Antikörperantwort mittels Blottingverfahren oder single-antigen-Tests) lässt sich der Infektionsstatus eines Hundes mittlerweile aussagekräftig beurteilen. Tests, wie z. B. Line Immunoassays (LIA) oder Immunoblots (Western-Blots), stellen die Qualität der Antikörperantwort im Wirt dar und müssen, um aussagekräftig zu sein, die wichtigen Detektionsantigene VlsE (Variable major protein-like sequence, Expressed) oder C6 (kurzes Fragment des VlsE) enthalten. Mit einem sensitiven und kostengünstigen ELISA werden die Serumproben auf das Vorhandensein von IgG-Antikörpern voruntersucht. Negative Proben werden mit sehr hoher Spezifität als solche erkannt. Positive und vor allem schwach-positive Proben müssen mit einem spezifischen LIA oder Western-Blot nachuntersucht werden, um darzulegen, gegen welche spezifischen Borrelien-Antigenedie Antikörper gerichtet sind. Diese Untersuchung erlaubt die Differenzierung von infizierten, geimpften und unter Umständen infizierten und gleichzeitig geimpften Tieren. Schnelltests sind für den Praxisgebrauch erhältlich. Von diesen Schnelltests sind nur die zu empfehlen, die auf VlsE oder C6 basieren. Sie sind sensitiv und erlauben eine verlässliche Bestimmung infizierter Hunde. Der Nachweis von Antikörpern ist jedoch nicht mit der Diagnose der Erkrankung gleichzusetzen.
Der direkte Erregernachweis kann mittels PCR oder Kultur erfolgen, wird jedoch meist nur in wissenschaftlichen Studien eingesetzt. Unter Feldbedingungen bestehen sehr geringe Erfolgsaussichten für einen direkten Erregernachweis, da die Zeckenstichstelle, von der die Infektion ausging und die für die Diagnostik aussagekräftig wäre, meist nicht bekannt ist. Körperflüssigkeiten (Blut, Synovialflüssigkeit, Urin, Cerebrospinalflüssigkeit etc.) sind aufgrund des seltenen Erregervorkommens als Probenmaterial nicht geeignet. Gewebe, die mit der größten Wahrscheinlichkeit Spirochäten enthalten, sind schwer zu gewinnen (z. B. Synovialmembranen entzündeter Gelenke). Werden jedoch Borrelien mittels PCR in der Synovialmembran nachgewiesen, dann gilt die Diagnose einer Lyme-Borreliose als gesichert.
Ist ein direkter Erregernaweis nicht möglich, sollten für die Diagnose einer Lyme-Borreliose beim Hund folgende vier Kriterien erfüllt sein: 1) Das Tier muss eine Zeckenexposition erfahren haben. 2) Die klinischen Veränderungen sollten mit dem beschriebenen Bild der Lyme-Borreliose (evtl. Glomerulonephritis) beim Hund vereinbar sein und alle anderen differentialdiagnostisch möglichen Erkrankungen müssen ausgeschlossen sein. 3) Der Patient hat spezifische Antikörper gegen Borrelien. 4) Der Patient reagiert innerhalb weniger Tage auf die Therapie mit Antibiotika.
Behandlung
Mittel der Wahl zur Behandlung ist Doxycyclin oder Amoxicillin über vier Wochen.
Prophylaxe
Die Prophylaxe sollte einen wirksamen Zeckenschutz umfassen. Die Applikation von repellierenden/acariziden Substanzen auf die Haut oder das Tragen von Halsbändern mit pharmakologisch wirksamen Substanzen sollte zumindest in der Zeckensaison besser aber ganzjährig erfolgen. Hierbei ist zu beachten, dass – im Unterschied zu Insekten – Zecken (Spinnentiere) mit einer zeitlichen Verzögerung auf die Wirkstoffe reagieren und nach Aufnahme der Substanzen nicht sofort absterben (nach den ersten 12 – 24 Stunden). Daher sollten Substanzen mit repellierender Wirkung bevorzugt werden. Die tägliche mechanische Entfernung von Zecken ist sinnvoll, da die Borrelien in der Regel erst nach ca.18 - 24 Stunden nach dem Stich der Zecke übertragen werden.
Die durch Impfung induzierten Antikörper entfalten ihre Wirkung in (!) der Zecke. Antikörper gegen das OspA der Borrelien werden während des Saugaktes von der Zecke aufgenommen, binden im Darm der Zecke an dort vorhandene OspA-exprimierende Borrelien und verhindern somit die nachfolgende Wanderung der Spirochäten in die Speicheldrüse der Zecke. Somit wird die Infektion des Wirtes verhindert, da die Injektion der Borrelien in die Haut des Hundes ausbleibt. Hohe Impfantikörperspiegel im Hund sind deshalb Grundvoraussetzung, damit ein protektiver Effekt in der Zecke erzielt werden kann. Antikörper gegen OspA zeigen eine geringe Kreuzreaktivität zwischen den einzelnen Borrelienarten und verleihen keinen Schutz gegen heterologe Borrelienspezies. Die verfügbaren Inaktivat-Impfstoffe enthalten Antigenaufbereitungen entweder von einem in Europa isolierten Stamm von der Art Borrelia burgdorferi sensu stricto oder ein Gemisch aus mehreren Borrelienarten.
Die Impfung wird vor allem für Hunde empfohlen, die durch einen häufigen Aufenthalt in Busch- und Waldgebieten einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Hohe Impfantikörperspiegel im Hund sind Voraussetzung, damit ein protektiver Effekt in der Zecke erzielt werden kann. Eine bereits etablierte Infektion des Hundes wird durch die Impfung nicht beeinflusst. Eine Impfung kann dann aber das Risiko durch Superinfektionen verringern. Wiederholungsimpfungen erfolgen jährlich, wenn möglich vor dem Höhepunkt der Zeckenaktivität im März/April.
weiterführende Literatur
- Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre; Herausgegeben von H.J. Selbitz; U. Truyen; P. Valentin-Weigand; Enke-Verlag Stuttgart 10. Auflage (2015); Lyme-Borreliose; Reinhard K. Straubinger, S.142 ff.
- Vogt, et al. (2019) Efficacy of Borrelia burgdorferi vaccine in dogs in North America: A systematic review and meta-analysis. J Vet Intern Med 33 (1): 23-36. 10.1111/jvim.15344
- Littman, et al. (2018) ACVIM consensus update on Lyme borreliosis in dogs and cats. J Vet Intern Med 32 (3): 887-903. 10.1111/jvim.15085
- Barth, et al. (2014) Comparison of different diagnostic assays for the detection of Borrelia burgdorferi-specific antibodies in dogs. Vet Clin Pathol 43 (4): 496-504. 10.1111/vcp.12213
- Barth, et al. (2012) Prevalence of antibodies against Borrelia burgdorferi sensu lato and Anaplasma phagocytophilum and their clinical relevance in dogs in Munich, Germany. Berl Munch Tierarztl Wochenschr 125 (7-8): 337-44.
- Straubinger, et al. (2008) Antikörper gegen Anaplasma phagocytophilum und Borrelia burgdorferi sensu lato bei Hunden in Deutschland. LBH: Proceedings 4. Leipziger Tierärztekongress 397-399.
Zugelassene Impfstoffe
Stand: Januar 2022Zusammensetzung
Handelsname | Impfantigen | Zelllinie | Inaktivierung | Konservierungs–stoff pro Dosis | Adjuvans |
Merilym 3 | Borrelia burgdorferi sensu latu: B. garinii, B. afzelii, Borrelia burgdorferi sensu stricto
| – | k.A. | Formaldehyd max. 0,5 mg | Aluminiumhydroxid |
Rivac Borrelia | B. garinii B. afzelii | – | k.A. | – | Aluminiumhydroxid |
Virbagen canis B | B. garinii B. afzelii | – | k.A. | – | Aluminiumhydroxid |
Applikationshinweise
Handelsname | Dosis | frühester Impfzeitpunkt | Grundimmunisierung | Wiederholung | Bemerkungen |
Merilym 3 | 1 ml; s.c. | ab 12 Wochen | zwei Impfungen im Abstand von 3 Wochen | jährlich | Die Grundimmunisierung und jährlichen Wiederholungsimpfungen sollten im Frühjahr gegeben werden; Die Unbedenklichkeit während der Trächtigkeit oder Laktation ist nicht belegt. |
Rivac Borrelia | 1 ml; s.c. | ab 12 Wochen | zwei Impfungen im Abstand von 2-3 Wochen; 1. Auffrischung nach 4-6 Monaten; 2. Auffrischung nach 4-6 Monaten | jährlich | Die Grundimmunisierung und jährlichen Wiederholungsimpfungen sollten im Frühjahr gegeben werden; Kann während der Trächtigkeit bis 2 Wochen vor Geburtstermin angewendet werden. |
Virbagen canis B | 1 ml; s.c. | ab 12 Wochen | zwei Impfungen im Abstand von 2-3 Wochen; 1. Auffrischung nach 4-6 Monaten; 2. Auffrischung nach 4-6 Monaten | jährlich | Die Grundimmunisierung und jährlichen Wiederholungsimpfungen sollten im Frühjahr gegeben werden; Kann während der Trächtigkeit bis 2 Wochen vor Geburtstermin angewendet werden. |
Anwendungsgebiet
Handelsname | Indikation |
Merilym 3 | Zur aktiven Immunisierung von Hunden ab einem Alter von 12 Wochen zur Induktion einer anti-OspA-Antikörperantwort gegen Borrelia spp. (B. burgdorferi sensu stricto, B. garinii und B. afzelii). Die Verringerung der Übertragung der Borrelien ist nur unter Laborbedingungen nach einer Testinfektion mit Freilandzecken (gesammelt in einer mit Borrelien belasteten Region) untersucht worden. Unter diesen Bedingungen wurde gezeigt, dass bei geimpften Hunden im Gegensatz zu ungeimpften Hunden keine Borrelien aus der Haut isoliert werden konnten. Die Verringerung der Übertragung der Borrelien von der Zecke auf den Wirt wurde nicht quantifiziert. Eine Korrelation zwischen der Übertragung der Borrelien und einem spezifischen Antikörpertiter konnte nicht gezeigt werden. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine Infektion, die zu einer klinischen Erkrankung führt, wurde nicht untersucht. Beginn der Immunität: 1 Monat nach der Grundimmunisierung; Dauer der Immunität: 1 Jahr nach der Grundimmunisierung |
Rivac Borrelia | Zur aktiven Immunisierung von gesunden Hunden ab einem Alter von 12 Wochen gegen Lyme-Borreliose, hervorgerufen durch die Spezies Borrelia afzelii und Borrelia garinii des Borrelia burgdorferi sensu lato-Komplexes. Eine Impfung mit Rivac Borrelia verhindert die Vermehrung der Erreger in Haut, Gelenken und Muskulatur. Dies wurde in Infektionsversuchen nachgewiesen. Die Dauer des Impfschutzes wurde für 9 - 12 Monate nachgewiesen. Dies ist durch Versuche mit infizierten Zecken 9 Monate und mit Testinfektionen 12 Monate nach der Grundimmunisierung belegt. |
Virbagen canis B | Zur aktiven Immunisierung von gesunden Hunden ab einem Alter von 12 Wochen gegen Lyme-Borreliose, hervorgerufen durch die Spezies Borrelia afzelii und Borrelia garinii des Borrelia burgdorferi sensu lato-Komplexes. Eine Impfung mit Virbagen canis B verhindert die Vermehrung der Erreger in Haut, Gelenken und Muskulatur. Dies wurde in Infektionsversuchen nachgewiesen. Die Dauer des Impfschutzes wurde für 9 - 12 Monate nachgewiesen. Dies ist durch Versuche mit infizierten Zecken 9 Monate und mit Testinfektionen 12 Monate nach der Grundimmunisierung belegt. |