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C. Rinder

Mastitis

Informationen zum Erreger

Die Euterentzündung des Rindes ist ein vielschichtiger Krankheitskomplex, der wesentlich durch das Hygienemanagement (d.h. Melk- und Stallhygiene), durch die Fütterung, durch das Trockenstellmanagement und durch genetische Prädispostion der Kühe bestimmt wird. Es ist ein ätiologisch und pathogenetisch derart vielschichtiges Geschehen, dass es hier nicht umfänglich dargestellt werden kann.

Das beteiligte Erregerspektrum wird von grampositiven Kokken dominiert. Regional unterschiedlich werden am häufigsten, zu etwa einem Drittel Äskulin-positive Streptokokken der Spezies Sc. uberis, etwa zu einem weiteren Drittel koagulase-negative Staphylokokken und zu jeweils einem Zehntel Staphylococcus aureus sowie E.coli und coliforme Keime nachgewiesen. Eine Infektion mit coliformen Keimen (Escherischia, Klebsiella, Enterobacter) kann subklinisch, perakut oder chronisch verlaufen und tritt in der Regel in den ersten 3 Monaten der Laktation auf. Häufig führt eine Infektion mit diesen Erregern, aufgrund der Schwere des klinischen Verlaufs mit einer starken Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, zu irreversiblen Schäden am Euter mit starkem Rückgang der Milchleistung oder zum vorzeitigen Ausscheiden der erkrankten Kuh aus der Produktion. Allgemeine Maßnahmen der Masttitistherapie wie antibiotische Intervention oder Melkhygiene sind bei coliformen Keimen weniger erfolgreich, da die Tiere den Erregern in der Umwelt kontinuierlich ausgesetzt sind. Einen Einfluss auf das Auftreten dieser Erreger hat die Sauberkeit der Liegeboxen und der Laufgänge. Die Impfung gegen coliforme Keime ist international sehr verbreitet und allgemein anerkannt. Der Effekt in geimpften Beständen bei unveränderter Infektionsrate beruht in erster Linie auf einer Reduktion der Schwere der klinischen Auswirkungen auf das Tier und dessen Produktivität. S. aureus nimmt eine gewisse Sonderrolle ein, da der Erreger zu subklinisch-persistenten Euterinfektionen führt, die nur sehr schwer zu therapieren sind. Die Verbreitung innerhalb einer Herde geht von klinisch und subklinisch erkrankten Tieren aus. Die Übertragung erfolgt im Wesentlichen beim Melken durch kontaminiertes Melkzeug, Eutertücher oder Melkerhände. Die Resistenzlage gegenüber gängigen ß-Lactam Antibiotika ist teilweise als ungünstig anzusehen. Die Therapie wird durch intrazelluläre Lokalisation des Erregers sowie Abkapselung in chronifizierten Entzündungsherden im Gewebe weiter erschwert. Letztlich ist eine schnelle Merzung therapieresistenter Fälle sowie peinliche Melkhygiene als prophylaktische Maßnahme am effektivsten. Die Schutzwirkung von Impfstoffen gegen S. aureus wird kontrovers beurteilt. Der Schweregrad von Mastitiden kann vermutlich positiv beeinflusst, die Heilung chronisch infizierter Euterviertel darf dagegen nicht erwartet werden. Gegen Coliforme und S. aureus steht in Deutschland eine inaktivierte Kombinationsvakzine zur Verfügung. Diese enthält hitze-inaktivierte Zellen des in rauher Kolonieform wachsenden und damit ein verkürztes Lipopolysaccharid-exprimierenden E. coli Stammes J5. In der verkürzten LPS-Form ist das konservierte Kern-Antigen einer Antikörper-Antwort besonders gut zugänglich. Außerdem enthält die Vakzine formalin-inaktivierte Zellen eines S. aureus Stammes, der den Schleim-Assoziierten-Antigen-Complex (SAAC) exprimiert. SAAC wird als wichtiger Virulenzfaktor zur Anheftung der Bakterien an die glanduläre Schleimhaut gewertet. Zudem ist seit 2018 ein Impfstoff gegen Sc. uberis Mastitiden zugelassen. Wissenschaftliche Veröffentlichungen in Fachmagazinen mit Peer-Review Verfahren zur Wirksamkeit der Vakzine liegen nur vereinzelt vor. Anekdotische Fallberichte zum Einsatz der Vakzine deuten darauf hin, dass eine Infektion der Euterviertel nicht verhindert werden kann, aber der klinische Verlauf durch die Impfung positiv beeinflusst wird.

Auch bei kleinen Wiederkäuern verursachen Mastitiden erhebliche Verluste durch direkte Todesfälle, durch Zerstörung einer oder beider Euterhälften und damit einer Reduktion des Zuchtwertes durch entsprechende Lämmerverluste und durch Reduktion der Milchleistung bei subklinischen Mastitiden. Milchleistungsorientierte Rassen sind nur einem geringgradig höheren Risiko ausgesetzt als extensive Weiderassen. Insgesamt ist die Erkrankungshäufigkeit bei kleinen Wiederkäuern im Vergleich zum Rind aber deutlich geringer.  Zur Übertragung von Euter zu Euter kommt es durch kontaminierte Einstreu, durch sogenannte Milchräuber unter den Lämmern und in Milchbetrieben durch unzureichende Melkhygiene. Mechanische Überanspruchung des Euter- und Zitzengewebes bei Mehrlingsversorgung sowie anderweitige Euter- und Zitzenverletzungen (durch Stallfehler, Hecken und Buschwerk etc) und lokale Veränderungen durch Lippengrind (Orf-Virus) wirken prädisponierend. Das Erregerspektrum umfasst in Deutschland bei gehäuftem Auftreten akuter Mastitiden vor allem Staphylococcus aureus und Mannheimia haemolytica, In sporadischen Fällen ist dagegen das Erregerspektrum breiter gefächert. Neben Staphylo- und Streptokokken sowie Truepurella pyogenes können sie auch durch gramnegative Keime wie E. coli, Pseudomonas spp., Klebsiella pneumoniae oder Proteus vulgaris, seltener durch Nocardien, Hefen (Candida) und Algen (Prototheca) verursacht werden. Insbesondere Mannheimia haemolytica wird aus der Maulhöhle infizierter Sauglämmer auf die Zitzenhaut übertragen. Auch bei kleinen Wiederkäuern wird eine ganze Reihe klinischer Bilder unterschieden: das Spektrum reicht von perakut, gangränösen Formen über parenchymatös, indurierende Formen, oder apostematösen und katharralisch-chronischen zu subklinischen Mastitiden. Eine ätiologische Zuordnung einzelner Mastitisformen zu den verschiedenen Erkrankungsformen ist im Einzelfall nur bedingt möglich, da z.B. Staphylococcus aureus alle Formen hervorrufen kann. Die atrophierende Form, die vor allem durch verschiedene Mykoplasmen-Species oder Leptospira hardjo hervorgerufen kann, spielt in Deutschland bisher keine klinische Rolle. Indurative Mastitiden können außerdem durch Lentiviren hervorgerufen werden. Therapeutisch steht –wenn möglich- das Ausmelken und die sichere Entsorgung des ausgemolkenen Sekretes, vor allem die antiphlogistische und die frühzeitige parenterale, antibiotische Therapie im Vordergrund. Prophylaktisch ist auch hier auf das frühzeitige Absetzen und Separieren von Milchräubern, Verbesserung der Melk- und Stallhygiene (Verwendung von Einmalhandschuhen durch die Melker, saubere, reichliche Einstreu), Optimierung der Melktechnik, ausreichend Stallplatz und das Vermeiden zusätzlicher Belastungen während der Lammzeit zu achten. Durch Impfungen gegen Mannheimiahaemolytica (siehe Kapitel D.6 und 13) kann der Infektionsdruck bei diesem Erreger vermindert werden. Überdies steht für kleine Wiederkäuer ein zugelassener Impfstoff zur Verfügung, der formalin-inaktivierte Zellen eines S. aureus Stammes, der den Schleim-Assoziierten-Antigen-Complex (SAAC) exprimiert, enthält.

weiterführende Literatur

  • Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre; Herausgegeben von H.J. Selbitz; U. Truyen; P. Valentin-Weigand; Enke-Verlag Stuttgart 10. Auflage (2015); Staphylokokkenmastitis der Wiederkäuer; Peter Valentin-Weigand; S. 256 ff.; und
  • ebenda: E.coli Mastitis beim Rind; L. Wieler, C. Ewers und H.J. Selbitz; S. 199 ff.
  • Bostedt, H.; Ganter, M.; Hiepe, T. (Hrsg.): Klinik der Schaf- und Ziegenkrankheiten, 1. Auflage. Stuttgart: Thieme, 2018, S. 660-668.
  • Mammary Gland Immunobiology and Resistance to Mastitis. (2018) Sordillo. Vet Clin North Am Food Anim Pract. 34, pp: 507-523.
  • Modulation of the bovine mammary gland. (2017) Nickerson and Sordillo. Large Dairy Herd Management. pp: 907-19.
  • Mastitis vaccines in dairy cows: Recent developments and recommendations of application. (2017) Ismail. Vet World. 10, pp: 1057-1062.
  • Mastitis Vaccination using a Commercial Polyvalent Vaccine or a Herd-Specific Staphylococcus Aureus Vaccine – Results of a Controlled Field Trial. (2016) Freick, et al. 29th World Buiatrics Congress. pp: 681.
  • Zur Prävalenz von Mastitiserregern in Milchproben in Deutschland 2015 Arbeitsgruppe Sachverständigenausschuss „Subklinische Mastitis“ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft, www.dvg.net
  • Mastitis in sheep--The last 10 years and the future of research. (2015) Gelasakis, et al. Vet Microbiol. 181, pp: 136-46.
  • The diagnosis of mastitis and contagious agalactia in dairy goats. (2014) Paterna, et al. Small Ruminant Research. 121, pp: 36-41.
  • Vaccination against Staphylococcus aureus mastitis in two Swedish dairy herds. (2015) Landin, et al. Acta Vet Scand. 57, pp: 81.
  • Efficacy of vaccination on Staphylococcus aureus and coagulase-negative staphylococci intramammary infection dynamics in 2 dairy herds. (2014) Schukken, et al. J Dairy Sci. 97, pp: 5250-64.
  • Diagnosis of clinical or subclinical mastitis in ewes. (2014) Fragkou, et al. Small Ruminant Research. 118, pp: 86-92.
  • An investigation of the efficacy of a polyvalent mastitis vaccine using different vaccination regimens under field conditions in the United Kingdom. (2015) Bradley, et al. J Dairy Sci. 98, pp: 1706-20.
  • Proceedings of the World Buiatrics Congress 2016. (2016) World Buiatrics Congress 2016. pp: 724.
  • Einfluss verschiedener bestandsspezifischer E. coli-Vakzinen auf die Eutergesundheit von Milchrindern (2014) Heine. Dissertationschrift – Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig. pp: 143.
  • An investigation of the efficacy of a polyvalent mastitis vaccine using different vaccination regimens under field conditions in the United Kingdom. (2014) Bradley, et al. J Dairy Sci. 98, pp: 1706-20.
  • Startvac : EPAR - Scientific Discussion. (2009) CVMP. http://www.ema.europa.eu.
  • Mastitis of sheep and goats. (2001) Menzies and Ramanoon. Vet Clin North Am Food Anim Pract. 17, pp: 333-58, vii.
  • Euter- und Gesäugekrankheiten; Herausgegeben von K.Wendt, H.Bostedt, H.Mielke; H.-W. Fuchs; Gustav-Fischer-Verlag Stuttgart 1.Auflage (1994); Staphylococcen-Infektionen; W. Seffner und A. Bergmann; S.349 ff.

Zugelassene Impfstoffe

Stand Januar 2022

Handelsname

zugelassen für

Zulassungsinhaber

Impfantigen

leb./ inakt.

Hyperlink

Startvac

Rind

HIPRA

E.coli

S.aureus

inakt.

EPAR: StartVac

VIMCO

Schaf, Ziege

HIPRA

S.aureus

inakt.

PharmNet

Ubac

Rind

HIPRA

Streptococcus uberis

inakt.

EPAR: Ubac

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Zusammensetzung

Handelsname

Impfantigen

Zelllinie

Inaktivierung

Konservierungsmittel

(pro Dosis)

Adjuvans (pro Dosis)

Startvac

E.coli J5

S.aureus (CP8) strain SP 140 expressing SAAC

k.A.

21 mg Benzylalkohol

Paraffin liq         18.2 mg

VIMCO

S.aureus (CP8) Stamm SP140, der Biofilm-Komponenten exprimiert

k.A.

21 mg Benzylalkohol

Paraffin liq         18.2 mg

Ubac

S. uberis,

Stamm 5616,

Lipoteichonsäure aus Biofilm Adhesion Component

-

k.A.

-

Montanide ISA    907,1 mg

Monophosphoryl-Lipid A (MPLA)

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Applikationshinweise

Handelsname

Dosis

frühester Impfzeitpunkt

Grundimmunisierung

Wiederholung

Bemerkungen

Startvac

2 mL; i.m.

1. Trächtigkeit

1. Imm: 45 Tage

2. Imm: 1 Monat nach der1.Imm., mind. 10 Tage  vor dem Kalben

3. Imm: 2 Monate nach der 2.Imm.

bei jeder Trächtigkeit wiederholen

Kann während der Trächtigkeit und Laktation angewendet werden; die ganze Herde sollte immunisiert werden.

VIMCO

2 mL; i.m.

ab 8. Lebensmonat

1. Imm: 5 Wochen

2. Imm: 2 Wochen vor dem Ablammtermin

bei jeder Trächtigkeit wiederholen

Kann während der Trächtigkeit und Laktation angewendet werden.

Ubac

2 ml; i.m.

1. Trächtigkeit

1.Imm: ca. 60 Tage vor dem voraussichtlichen Abkalbedatum

2.Imm: mind.21 Tage vor dem voraussichtlichen Abkalbedatum

3.Imm:ca.15 Tage nach dem Kalben

Bei jeder Trächtigkeit wiederholen

Kann während der Trächtigkeit und Laktation angewendet werden.

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Anwendungsgebiet

Handelsname

Indikation

Startvac

Zur Immunisierung von Herden gesunder Kühe und Färsen sowie von Milchkuhherden mit rezidivierender Mastitis, um das Auftreten von subklinischer Mastitis sowie das Auftreten und den Schweregrad der klinischen Symptome klinischer Mastitis, die durch Staphylococcus aureus, Colibakterien (Escherichia coli und coliforme Bakterien) oder koagulasenegativen Staphylokokken verursacht wurde, zu reduzieren.

 

Die Immunisierung entsprechend Impfschema induziert eine Immunität von ca. Tag 13 nach der ersten Injektion bis ca. Tag 78 nach der dritten Injektion.  

VIMCO

Zur aktiven Immunisierung von gesunden Mutterschafen in Herden mit rezidivierender Mastitis, um das Auftreten subklinischer, durch Staphylococcus (S.) aureus verursachter Mastitis zu reduzieren (Verringerung der Euterläsionen, der somatischen Zellzahl und der S. aureus-Zellzahlen).

 

Zur aktiven Immunisierung von gesunden weiblichen Ziegen in Herden mit rezidivierender Mastitis, um das Auftreten subklinischer, durch Staphylococcus aureus und/oder koagulasenegativen Staphylokokken verursachter Mastitis zu reduzieren. Bei Auftreten von klinischer Mastitis, verursacht durch koagulasenegative Staphylokokken, verringert sich der Schweregrad klinischer Symptome (in Bezug auf das Euter und die Beschaffenheit der Milch).

 

Beginn der Immunität bei Mutterschafen: 6 Wochen. Der Beginn der Immunität bei weiblichen Ziegen wurde nicht nachgewiesen. Die Dauer der Immunität bei Mutterschafen und weiblichen Ziegen wurde nicht nachgewiesen.

 

Ubac

Zur aktiven Immunisierung gesunder Kühe und Färsen, um die Inzidenz klinisch intramammärer Infektionen verursacht durch Streptococcus uberis, die Anzahl der somatischen Zellen in Streptococcus uberis positiven Viertelgemelksproben sowie durch derartige intramammäre Infektionen verursachte Milchproduktionsverluste zu reduzieren.

 

Beginn der Immunität: ca. 36 Tage nach der zweiten Dosis; Dauer der Immunität: ca. die ersten 5 Monate der Laktation

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