B. Pferd
Jungtierimpfungen
Folgende Impfungen werden für das entsprechende Lebensalter empfohlen:
6 Monate: | Tetanus, EIV, EHV | |
7-7½ Monate: | Tetanus, EIV, EHV | |
12–14 Monate: | EIV, EHV | |
19-21 Monate: | Tetanus |
Dermatophytosen
Gegen Dermatomykosen des Pferdes sind derzeit ein polyvalentes, inaktiviertes Produkt sowie eine monovalenten Lebendvakzine zugelassen. Beide Impfstoffe werden von den Herstellern sowohl zur Immunprophylaxe als auch zur Therapie bei bereits bestehender Erkrankung empfohlen. Hierfür sollen zwei Impfungen in 14-tägigem Abstand vorgenommen werden, denen bei Bedarf weitere, ebenfalls in 14-tägigen Abständen, folgen können.
Druse
Der Einsatz der kommerziell erhältlichen Vakzine gegen den Erreger der Druse, Streptococcus equi Subspezies equi, ist ausschließlich als Notfallmaßnahme zur Verringerung der klinischen Symptome bei akut infektionsgefährdeten Pferden zu empfehlen. Die prophylaktische Impfung nicht akut infektionsgefährdeter Tiere wird wegen möglicher Nebenwirkungen und häufig unzureichendem Impfschutz nicht empfohlen.
Equine Herpesvirus-Infektionen
Das Ziel einer Impfung gegen Equine Herpesviren (EHV-1 und -4) ist in erster Linie die Reduktion des Infektionsdrucks in den Pferdebeständen. Dieser Druck lässt sich, wie bei den meisten Infektionskrankheiten, nur dann verlässlich reduzieren, wenn in den Pferdehaltungen ein striktes Hygieneregime angewendet wird. Ein solches Hygieneregime ist in Bezug auf das equine Herpesvirus vom Typ 1 und die durch diesen Erreger verursachten oft seuchenartig auftretenden Aborte (sog. „Abortstürme“) von herausragender Bedeutung. Die Impfung ist integraler Bestandteil eines solchen Hygieneregimes. Das angestrebte Impfziel ist aber nur dann zu erreichen, wenn ab Beginn eines Impfprogramms der gesamte impffähige Bestand im gleichen Rhythmus geimpft wird und dieses Regime auch beibehalten wird. Nur einzelne Tiere eines Bestands zu impfen, führt nicht zum angestrebten Impferfolg. Der Einsatz derzeit im Handel befindlicher Impfstoffe kann die Erkrankung und die Entstehung klinischer Veränderungen im Einzeltier günstig beeinflussen (respiratorische Erkrankung, Abort, paretisch/paralytische Verlaufsform). Das übergeordnete Ziel ist aber, durch konsequente Impfung der gesamten Pferdepopulation, insbesondere bei häufig reisenden Pferden, zu einer Reduktion der Menge von zirkulierenden Herpesviren beizutragen. Damit können Infektketten unterbrochen und somit die Morbiditätsquoten gesenkt werden. Teil dieser Strategie ist auch, die Zeiträume möglichst kurz zu halten, in denen durch eine abklingende Immunität ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Nach Abfall der maternalen Antikörperspiegel und aufgrund von Stresssituationen z.B. beim Absetzen scheiden insbesondere infizierte Jungpferde hohe Virustiter aus. Deshalb kommt der rechtzeitigen Grundimmunisierung der Fohlen eine besondere Bedeutung zu. Es ist in Deutschland wiederholt zu Lieferengpässen bei zugelassenen EHV-Impfstoffen gekommen. In derartigen Fällen wird empfohlen, auf andere verfügbare EHV-Impfstoffe auszuweichen. Wenn deutschlandweit kein alternatives Produkt verfügbar ist, besteht die Möglichkeit, Impfstoffe, die im Ausland für die entsprechende Indikation zugelassen sind, per Ausnahmegenehmigung anzuwenden. Da für jedes Bundesland einzeln geregelt ist, an wen die Anträge zu richten sind, werden die praktizierenden Tierärzte gebeten, sich für weitere Informationen an ihr jeweiliges Veterinäramt zu wenden.
Equine Influenza
Die Impfung gegen das Equine Influenzavirus (EIV) ist in der Regel nicht in der Lage, eine sterile Immunität zu induzieren. Die durch die verfügbaren Impfstoffe stimulierte Immunität reicht für eine limitierte Zeit aus, um gegen eine erneute klinisch manifeste Infektion mit einem im Impfstoff berücksichtigten oder nahe verwandten Virus zu schützen. Heterologe Varianten werden von Fall zu Fall nicht oder nur unzureichend abgedeckt. Die Dauer der Immunität hängt u.a. vom initialen Antikörperspiegel nach der Impfung ab. Dieser korreliert mit der Erstimpfung beim Fohlen und den später folgenden Impfungen. Folglich weisen vor allem ältere geimpfte Pferde, die darüber hinaus möglicherweise Infektionen mit Influenzaviren durchgemacht haben, ebenso wie Impflinge nach Impfungen mit unterschiedlichen Influenza-Antigenen in der Regel einen breiteren, heterologen Immunschutz auf als jüngere Pferde ohne derartige Anamnesen. Die Weltorganisation für Tiergesundheit, OIE, gibt als Konsequenz internationaler Influenza-Überwachungsprogramme Empfehlungen bezüglich der Impfantigene, die gegenwärtig im Feld nachgewiesene Virusstämme repräsentieren. Als Resultat dieser Untersuchungen erging von der OIE 2012 die aktuelle Empfehlung, für die Impfstoffproduktion folgende Viren einzusetzen:
- A/Equi2/Ohio/03 oder A/Equi2/South Africa/03/04 oder enge Verwandte als Repräsentanten der so genannten amerikanischen Linie, Klade 1.
- A/Equi2/Richmond 1/07 oder enge Verwandte als Repräsentanten der so genannten amerikanischen Linie, Klade 2.
Ein Vertreter des Subtyps A/Equi 1 (H7N7) wird wegen der epidemiologischen Situation nicht mehr empfohlen.
Equine Rotavirus-Infektionen
Die Infektion mit dem Equinen Rotavirus ist eine speziesspezifische, neonatale Durchfallerkrankung, die durch orale Aufnahme von mit Fäzes kontaminierter Nahrung übertragen wird. Die Erkrankung tritt in den ersten Lebensmonaten auf. Nach ersten Erkrankungsfällen besteht das hohe Risiko der Entwicklung einer Bestandsproblematik, da der Kot erkrankter Tiere große Virus-Mengen enthält und das Virus in der Umgebung mehrere Monate überlebensfähig ist. Die Erkrankung ist mit einer hohen Morbidität, bei adäquater Behandlung jedoch nur mit einer geringen Mortalität verbunden. Zur Vermeidung der Erkrankung ist in erster Linie ein optimales Hygienemanagement, vor allem in den Abfohlbereichen notwendig. Mist aus diesen Beständen sollte in keinem Fall zur Düngung verwendet werden. Daneben sollten Überbelegungen vermieden werden.
Es ist in Deutschland eine inaktivierte Rotavirus-Muttertiervakzine für die Impfung tragender Stuten im 8., 9. und 10. Monat einer jeden Trächtigkeit zugelassen. Ziel der Impfung ist es, die passive Immunität der Fohlen gegen Rotavirus-Infektionen über die Erhöhung der spezifischen maternalen Antikörper im Kolostrum zu steigern. Dadurch wird für die Fohlen das Risiko reduziert, an durch equines Rotavirus verursachten Durchfällen zu erkranken. Es ist zu erwarten, dass in geimpften Beständen die Erkrankung in einer niedrigeren Inzidenz auftritt; die Krankheitsverläufe sind milder. Die Impfung wird in Beständen mit nachgewiesenen Rotavirus-Infektionen bei gutem Hygienemanagement empfohlen. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass das Fohlen innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt eine ausreichende Menge Kolostrum erhält und auch danach die kontinuierliche Aufnahme von Milch der geimpften Mutterstute gesichert ist.
Equine virale Arteritis (EVA)
Die einzige, derzeit zugelassene Vakzine gegen das Virus der Equinen viralen Arteritis (EVAV) kann zwar die Erkrankung nach experimentell vorgenommener Belastungsinfektion verhindern, nicht jedoch die Infektion und Virusausscheidung bei den geimpften Pferden. Insbesondere bei infizierten Hengsten werden die persistierende Virusinfektion und die Virusausscheidung durch die Impfung nicht beeinflusst. Aufwändige virologische und serologische Untersuchungen geimpfter Hengste und deren Samen sowie der ihnen zugeführten Zuchtstuten müssen daher den Einsatz dieses Impfstoffes kontrollierend begleiten.
Laut Herstellerangaben soll dieser Impfstoff zur Erstimpfung bei Fohlen ab dem 9. Lebensmonat eingesetzt werden. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen im Abstand von 3 bis 6 Wochen; Wiederholungsimpfungen sind in 6-monatigen Abständen durchzuführen. Als Indikationen für eine Impfung sind angegeben: Reduzierung der klinischen Symptome und der Virusausscheidung über nasale Sekrete nach einer Infektion. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass eine Impfung nicht das Auftreten einer Infektion verhindern kann und die Impfung keinen Einfluss auf die Ausscheidung von EVA-Virus bei persistent infizierten Hengsten hat. Impflinge können serologisch nicht mehr von natürlich infizierten Pferden unterschieden werden. Auf die Meldepflicht der EVA nach der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten wird hingewiesen.
Lyme-Borreliose
Die Lyme-Borreliose wird durch Borrelia burgdorferi und verwandte Arten verursacht. Die Übertragung erfolgt durch Zeckenbiß. Überträger sind vor allem Zecken der Gattung Ixodes. Impfstoffe gegen die Lyme-Borreliose basieren auf der Bindung impfinduzierter Immunglobuline an OspA-Antigen auf der Oberfläche der Bakterien und der daraus resultierenden Immobilisierung der Spirochäten. Antikörper gegen das OspA der Borrelien werden während des Saugaktes von der Zecke aufgenommen, binden im Darm der Zecke an dort vorhandene Borrelien, die OspA exprimieren, und verhindern somit die nachfolgende Wanderung der Spirochäten zur Speicheldrüse der Zecke und von dort die Injektion in die Haut des Pferdes. Hohe Impfantikörperspiegel im Wirt sind deshalb Grundvoraussetzung, damit ein protektiver Effekt in der Zecke erzielt werden kann. Antikörper gegen OspA zeigen eine geringe Kreuzreaktivität zwischen den einzelnen Borrelien-Arten und verleihen keinen Schutz gegen heterologe Borrelienspezies. Eine bereits etablierte Infektion des Wirtes wird durch die Impfung nicht beeinflusst und kann zu diesem Zeitpunkt nur die Infektion mit zusätzlichen Erregern verhindern. Die Impfung infizierter Pferde ist nicht zu empfehlen. Pferde, von denen anzunehmen ist, dass sie Kontakt zu Zecken hatten, sollten vor der Impfung mittels Antikörpernachweis auf eine eventuelle Infektion hin untersucht werden. Zur aktiven Immunisierung von Pferden ist ein inaktivierter Impfstoff mit drei Borrelien-Arten (B. burgdorferi sensu stricto, B. afzelii, B. garinii) erhältlich.
Tetanus
Tetanus wird durch das Neurotoxin von Clostridium tetani verursacht. Grundlage der eingesetzten Impfstoffe ist gereinigtes Tetanustoxoid, das zur Steigerung seiner Immunogenität an Adjuvans adsorbiert ist. Derartige Adsorbatimpfstoffe verfügen über eine sehr gute Wirkung hinsichtlich der Ausprägung eines Schutzes, die nach korrekter Grundimmunisierung und späteren Wiederholungsimpfungen zu einem jahrelang belastbaren Immunschutz bei den geimpften Pferden führt. Die Basis dieser Immunität sind Antikörper, die eine gegen das Toxin gerichtete Immunität bewirken. Persistierende Antikörper vermitteln eine mehrjährige Schutzwirkung, die nach durchgeführter Grundimmunisierung durch Revakzination in 2- oder 3-jährigem Abstand — je nach verwendetem Impfstoff — aufrechterhalten wird.
Die Tetanusprophylaxe muss in Pferdezucht und -haltung als obligat angesehen werden, da die Infektionsgefahr durch die ubiquitär vorkommenden, sporenbildenden Erreger in Verbindung mit der hohen Sensibilität des Pferdes permanent ist. Bei verletzten, nicht geimpften Pferden bzw. bei verletzten Pferden mit unbekanntem Impfstatus ist es sinnvoll, eine Simultanimpfung durchzuführen, die aus der gleichzeitigen Gabe von Tetanustoxoid und Hyperimmunserum an getrennten Injektionsstellen besteht. Gegebenfalls kann die Gabe des Hyperimmunserums vom Ergebnis eines spezifischen Schnelltestes für Antikörper gegen Tetanustoxin abhängig gemacht werden. Bei Neonaten nicht geimpfter Stuten oder von Stuten mit unbekanntem Impfstatus muss die Applikation von Hyperimmunserum in Betracht gezogen werden.
Tollwut
Deutschland ist seit 2008 frei von terrestrischer Tollwut, weshalb die Impfung von Pferden gegen Tollwut nicht unter den Core-Impfungen aufgeführt ist. Da außerdem weder eine Weiterverbreitung von Pferd zu Pferd noch von Pferd zu anderen Tieren möglich ist, genügt es, nur gefährdete Tiere zu impfen (z. B. Pferde bei Reisen in Länder, in denen noch Tollwut herrscht) und auf eine Populationsimpfung zu verzichten. Auf Grund der hohen Immunogenität ist eine einmalige Impfung im Rahmen der Grundimmunisierung ab dem Alter von 6 Monaten ausreichend. Wiederholungsimpfungen in 3-jährigem Abstand werden als ausreichend betrachtet. Auf die Anzeigepflicht der Tollwut nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen wird hingewiesen. Cave: Der untersuchende Tierarzt kann sich bei der Untersuchung der Maulhöhle eines Pferdes mit nicht erkannter Tollwut infizieren.
West-Nil-Virus-Infektionen
Anfang September 2018 wurden erstmalig in Deutschland in Bayern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Infektionen mit dem West-Nil-Virus bei Vögeln diagnostiziert, Ende September auch bei zwei Pferden in Brandenburg sowie in Sachsen-Anhalt. Angesichts der Erfahrungen, die in europäischen Nachbarländern und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) mit West-Nil-Virus-Infektionen gemacht wurden, ist davon auszugehen, dass das Virus sich in den kommenden Jahren weiter in Deutschland ausbreiten wird. Es wird daher empfohlen, Pferde in den bereits betroffenen Gebieten und Pferde, die in betroffene Gebiete verbracht werden sollen, gegen WNV zu impfen. In Abhängigkeit vom weiteren Seuchengeschehen ist mittelfristig eine flächendeckende Impfung von Pferden im gesamten Bundesgebiet anzustreben.
Bei den derzeit zugelassenen Impfstoffen handelt es sich um einen konventionellen inaktivierten Vollvirusimpfstoff ohne Markereigenschaften sowie um zwei Vektorimpfstoffe mit Markereigenschaften, die eine Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Tieren erlauben könnten. Ein kommerzieller Test zur Unterscheidung zwischen Feldinfektion und Impfung ist derzeit allerdings nicht erhältlich. Laut Herstellerangaben können die Impfstoffe zur Erstimpfung bei Fohlen ab dem 5. bzw. 6. Lebensmonat eingesetzt werden. Die Grundimmunisierung besteht je nach Impfstoff aus zwei Impfungen im Abstand von 3 bis 6 Wochen. Wiederholungsimpfungen sind in jährlichen Abständen durchzuführen. Die Impfstoffe reduzieren die Dauer und Schwere der klinischen Symptome einer West-Nil-Virus-Infektion. Die Schutzwirkung setzt je nach Impfstoff 2-3 Wochen nach der zweiten bzw. 4 Wochen nach der ersten Immunisierung ein. Auf die Anzeigepflicht nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen wird hingewiesen.