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A. Kleine Haustiere

Canine Herpesvirus-Infektionen (CHV)

Leitsymptome:

  • in der Regel inapparenter Verlauf bei erwachsenen Hunden; gelegentlich Augensymptome oder milde Erkrankung des Respirationstraktes, selten Veränderungen an den Geschlechtsorganen (Endometritis, Orchitis)
  • hohe Sterblichkeit bei Welpen bei Fehlen maternaler Antikörper

Diagnostik:

  • bei der Sektion fallen Entzündungen im Bereich der Atemwege, multifokalen Nekroseherde und Blutungen in verschiedenen Organen auf
  • Erregernachweis mittels PCR
  • Immunhistologie zum Antigennachweis

Ätiologie

Das Canine Herpesvirus (CHV-1) ist ein doppelsträngiges DNA-Virus und gehört zur Familie der Herpesviridae. Als behülltes Virus ist CHV-1 nur sehr kurz (maximal 24 Stunden) in der Außenwelt infektiös.

Pathogenese

Das Virus wird über die Schleimhäute (Vaginalsekret, Nasensekret u. a.) ausgeschieden; die Infektion erfolgt oronasal oder beim Deckakt. Aufgrund der geringen Stabilität des behüllten Virus ist eine Übertragung durch direkten Kontakt die Regel. Welpen virämischer Hündinnen infizieren sich während des Geburtsvorganges. Das Virus etabliert in einem infizierten Hund eine lebenslange, sogenannte latente Infektion, in deren Verlauf es schubweise ausgeschieden werden kann. Als Orte der Latenz wurden beim CHV-1 Nervenzellen der Trigeminal- und Sakralganglien identifiziert. Während dieser Phase vermehrt sich das Virus nicht. Immunsupprimierende Situationen (z. B. Stress, Geburt) können zu einer Reaktivierung des Virus führen. Hohe Viruslasten sind gerade auch in den Schleimhäuten der Geburtswege und des Nasen-Rachen-Raumes zu verzeichnen, wodurch die Virusübertragung auf die Welpen besonders begünstigt wird.

Ein besonderer Aspekt der Pathogenese von Herpesinfektionen ist die sehr langsam anlaufende und kurz anhaltende Immunantwort. Es wird angenommen, dass besonders nach Infektion oder Reaktivierung der Viren bei jungen Hündinnen viel Zeit verstreicht, bis Antikörper im Blutserum vorhanden sind. So ist es möglich, dass eine Hündin im Zeitraum um die Geburt virämisch ist, jedoch keine Antikörper über das Kolostrum an die Welpen weitergeben kann.

Welpen von virämischen Hündinnen können sich intrauterin, während der Geburt oder nach der Geburt horizontal bei anderen Welpen anstecken. Bei Welpen breitet sich das Virus hämatogen aus, sofern dies nicht durch maternale Antikörper verhindert werden kann. Die Virusvermehrung wird durch die bei Welpen in den ersten Lebenstagen physiologisch vorherrschende niedrige Körpertemperatur begünstigt. Daher sind neonatale Welpen besonders empfänglich.

Epidemiologie

CHV-1 ist vor allem mit dem so genannten Welpensterben und mit Aborten assoziiert und für große Hundebestände (Zuchten, Zwinger) von Bedeutung. Virusreservoir sind in der Regel latent infizierte Hunde. Erkrankungen des Rüden werden selten beobachtet, seine Rolle in der Epidemiologie dieser Erkrankung ist unklar. Weiterhin ist es am canine infectious respiratory disease (CIRD) complex (früher „Zwingerhusten)“ beteiligt und kann Augenveränderungen hervorrufen. Die Antikörperprävalenz der caninen Herpesvirusinfektion wird für deutsche Hundezuchten mit 20 – 30 % angegeben. Diese Angaben sollten jedoch mit Vorsicht betrachtet werden, da im Falle latenter Infektionen vielfach keine spezifischen Antikörper im Blut nachweisbar sind. Für verschiedene europäische Länder variieren die Angaben zur Prävalenz zwischen 20 % bis 80 %. Es wird angenommen, dass die Prävalenz eng mit dem so genannten „Welpensterben“ in Hundezuchten korreliert.

Klinik

Das klinische Bild der CHV-Infektion ist abhängig vom Zeitpunkt der Infektion der Feten oder Welpen. Eine intrauterine Infektion kann zu Abort, Fruchtresorption oder Totgeburten führen. Am häufigsten kommt es jedoch zur Infektion der Welpen in der ersten Lebenswoche. Infizierte Welpen werden lebensschwach geboren und zeigen Symptome wie Anorexie, Durchfall, petechiale Blutungen, Erbrechen. Ein plötzliches Welpensterben zuvor gesund erscheinender Welpen ist der wichtigste Hinweis auf eine CHV-Infektion. Welpen über 3 Wochen können respiratorische Symptome zeigen. Überleben die Welpen die ersten Wochen der Infektion, können zentralnervöse Störungen auftreten. Eine Erkrankung des Muttertieres ist selten und tritt fast nur bei jungen Hündinnen oder nach Erstinfektionen auf. Nach Übertragung durch den Deckakt können Bläschen in der Vaginalschleimhaut auftreten. Bei adulten Hunden verläuft die Infektion in der Regel subklinisch. Manche Hunde entwickeln ggr. respiratorische Symptome (potentieller Erreger des CRID-Komplexes), Endometritiden oder Orchitiden. Manchmal führt eine CHV-1-Infektion zu Veränderungen im Bereich der Augen (Blepharitis, Konjunktivitis, Keratitis).

Diagnose

Eine Verdachtsdiagnose kann anhand der Anamnese (Hundezuchten mit Herpesvirusinfektionen oder Welpensterben) gestellt werden. Das Sektionsbild (nekrotisierende Entzündungen im Bereich der oberen Atemwege, multifokale Nekrosen in betroffenen Organen) erhärtet die Diagnose. Beweisend sind die Immunhistologie, die Virusisolierung (aus gekühltem Gewebe) oder die PCR zum Nachweis der Erreger-DNA. Adulte Hunde mit inapparenten Infektionen scheiden nur phasenweise wenig Virus aus und haben oftmals kaum erhöhte Antikörpertiter. Daher ist die Diagnose einer Infektion schwierig. Bei Hunden mit Augenveränderungen sollte eine PCR aus einer Konjunktivaltupferprobe durchgeführt werden.

Behandlung

Bei Welpen unter 2 Wochen ist die Prognose meist infaust. Eine symptomatische Therapie, bestehend vor allem aus Flüssigkeits- und Energiezufuhr sollte durchgeführt werden. Da sich das Virus am besten bei Temperaturen unter 37 °C vermehrt, müssen die Welpen warmgehalten werden. Die Körpertemperatur sollte regelmäßig rektal kontrolliert werden. So kann die Vermehrung des Virus oftmals so weit reduziert werden, dass die Erkrankung milder verläuft. Eine Behandlung von adulten Hunden mit respiratorischen Symptomen sollte symptomatisch erfolgen. Bei Augenveränderungen müssen Komplikationen verhindert werden (Halskragen, Antibiotika bei Sekundärinfektionen). Eine topische antivirale Therapie kann z.B. mit einer Aciclovirsalbe versucht werden.

Prophylaxe

Für Zuchthündinnen steht ein inaktivierter Impfstoff (Subunit-Vakzine) zur Verfügung, der zur Antikörperbildung bei den Hündinnen führt und damit die Welpen über das Kolostrum mit Antikörpern versorgen soll. Der Impfstoff wird als Muttertierimpfstoff in Beständen, die mit Herpesvirusinfektionen bei Welpen Problemen haben, eingesetzt. Geimpft werden sollten vor allem junge Zuchthündinnen, die zeitnah gedeckt werden sollen oder gedeckt worden sind. Die Welpen sind in den ersten Tagen weitgehend durch über das Kolostrum aufgenommene maternale Antikörper geschützt. Durch Impfung gefährdeter Hündinnen vor jedem Zuchteinsatz kann die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs bei den Welpen gesenkt werden. Als gefährdet gelten Hündinnen, die viel Kontakt zu anderen Hunden haben oder in deren Umfeld Herpesfälle aufgetreten sind bzw. vermutet werden.  Eine Untersuchung der Hündin vor der Geburt ist nicht erforderlich und aufgrund der Latenz des Virus nicht sinnvoll, da bei vielen infizierten Hunden keine Antikörper nachweisbar sind. Auch latent infizierte Tiere sollten geimpft werden.  

weiterführende Literatur

  • Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre; Herausgegeben von H.J. Selbitz; U. Truyen; P. Valentin-Weigand; Enke-Verlag Stuttgart 10. Auflage (2015); Herpesvirusinfektionen bei Hund und Katze; Klaus Osterrieder S. 440 ff.
  • Boretti FS, Hofmann-Lehman R (2018): Virusinfektionen. In: Praktikum der Hundeklinik, Hrsg Kohn B, Schwarz G, 12. Auflage, Enke Verlag, Stuttgart: 377-395.
  • EMA, Öffentlicher Bewertungsbericht zu Eurican Herpes 205; www.ema.europa.de
  • Larsen, et al. (2015) Prevalence of canid herpesvirus-1 infection in stillborn and dead neonatal puppies in Denmark. Acta Vet Scand 57 (1): 1. 10.1186/s13028-014-0092-9
  • Schulz, et al. (2014) Detection of respiratory viruses and Bordetella bronchiseptica in dogs with acute respiratory tract infections. Vet J 201 (3): 365-9. 10.1016/j.tvjl.2014.04.019
  • Manteufel, et al. (2008) Kanines Herpesvirus und Canine Minute Virus: eine Querschnittsstudie unter Zuchthunden in Deutschland. Tierärztliche Praxis Ausgabe K: Kleintiere/Heimtiere 36 (06): 405-411.
  • Poulet, et al. (2001) Protection of puppies against canine herpesvirus by vaccination of the dams. Vet Rec 148 (22): 691-5. 10.1136/vr.148.22.691

 

Zugelassene Impfstoffe

Stand: Januar 2022

Handelsname

Zulassungsinhaber

Impfantigen

leb./ inakt.

Hyperlink

Eurican Herpes 205

Merial

CHV

inakt.

EPAR

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Zusammensetzung

Handelsname

Impfantigen

Zelllinie

Inaktivierung

Konservierungsmittel

pro Dosis

Adjuvans

Eurican Herpes 205

Antigene des caninen Herpesvirus,

Stamm F205

MDCK

keine Angabe

Dünnflüssiges Paraffin

Applikationshinweise

Handelsname

Dosis

frühester Impfzeitpunkt

Grundimmunisierung

Wiederholung

Bemerkungen

Eurican Herpes 205

1 ml; s.c.

während der Läufigkeit, bzw. 7-10 Tage nach dem Decken

eine Dosis 7-10 Tage nach dem Decken, zweite Dosis 1-2 Wochen vor Geburtstermin

bei jeder Trächtigkeit nach dem gleichen Schema

Dieses Tierarzneimittel enthält Mineralöl. Eine versehentliche (Selbst-)Injektion

kann starke Schwellungen verursachen.

Anwendungsgebiet

Handelsname

Indikation

Eurican Herpes 205

Aktive Immunisierung von Hündinnen, um bei Welpen durch passive Immunität Mortalität, klinische Erkrankung und Läsionen, die durch Infektionen mit dem caninen Herpesvirus in den ersten Lebenstagen hervorgerufen werden, zu verhindern.