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A. Kleine Haustiere

Panleukopenie

Leitsymptome:

  • Apathie, Anorexie und Fieber
  • gelegentlich Erbrechen, nur selten Durchfall, meist nicht blutig
  • labordiagnostisch Neutropenie
  • Sonderform zerebellare Ataxie nach Infektion des Fetus im letzten Trimenon oder in den ersten 6 Wochen nach Geburt

 

Labordiagnostik:

  • Antigennachweis mittels in-House-Test im Kot
  • Nachweis der DNA mittels PCR im Kot

Ätiologie

Das Feline Panleukopenievirus (FPV) ist ein kleines, unbehülltes, DNA-Virus mit einem Einzelstrang-Genom. Es ist nahe verwandt mit Caninen Parvoviren und unterscheidet sich von diesen nur in wenigen Gensequenzen. Canine Parvoviren (CPV) sind vor ca. 40 Jahren durch Mutationen aus FPV entstanden. Die ersten CPV waren nur für Hunde infektiös. Einige weitere Mutationen führten zur Entstehung der heute verbreiteten Subtypen des CPV, die auch Katzen infizieren und klinische Symptome verursachen können, die nicht von denen einer FPV-Infektion unterscheidbar sind. Bei klinisch an Panleukopenie erkrankten Katzen werden in Deutschland jedoch meist FPV und nur selten CPV gefunden.

Epidemiologie

FPV wird in großer Menge mit dem Kot erkrankter Tiere ausgeschieden und bleibt über Monate bis Jahre in der Umwelt infektiös. Das Virus kann daher leicht z. B. an der Kleidung der Besitzer in Wohnungen getragen werden und so auch reine Wohnungskatzen infizieren. Das Wirtsspektrum des FPV umfasst zahlreiche Carnivoren, einschließlich der Feliden, Procyoniden und Musteliden. Wölfe, Hunde und Koyoten lassen sich durch das FPV nicht infizieren.

Pathogenese

FPV verursacht eine systemische Infektion. Nach Infektion kommt es innerhalb von 18 - 24 Stunden zur Replikation in den Lymphgeweben des Oropharynx. Anschließend kommt es zu einer 2 - 7 Tage andauernden Virämie. Pathologische Veränderungen entstehen primär in Geweben mit hoher mitotischer Aktivität. Bevorzugte Zielzellen des FPV sind daher die sich schnell teilenden Zellen des lymphatischen Gewebes, des Knochenmarks und die Kryptenepithelzellen der Darmmukosa. Parvoviren werden vorwiegend mit dem Kot ausgeschieden. Die Ausscheidung beginnt bereits kurz nach der Infektion, noch innerhalb der Inkubationszeit von 4 - 6 Tagen, und kann bei genesenen und klinisch inapparent infizierten Katzen noch bis zu 6 Wochen, teils auch darüber hinaus andauern.

Klinik

Die klinischen Symptome variieren abhängig vom Alter und Immunitätsstatus des Tieres. Bei Katzen, die bereits Antikörper besitzen, verläuft die Infektion in der Regel asymptomatisch. Katzen ohne Immunität können akute Symptome entwickeln. Bei der Katze treten, im Gegensatz zum Hund, als erste Krankheitsanzeichen meist nur Apathie, Anorexie und Fieber auf. Häufig kommt es im Verlauf zu Erbrechen, das selten blutig werden kann. Durchfall ist nicht immer vorhanden. Massiver wässriger, teils blutiger Durchfall kann zwar vorkommen, ist aber wesentlich seltener als beim Hund. Manchmal verläuft die Krankheit perakut, und die Katzen werden hypotherm oder komatös im terminalen Stadium eines septischen Schocks aufgefunden und versterben oft innerhalb von wenigen Stunden. Die Letalität bei Panleukopenie liegt ohne intensive Therapie zwischen 25 - 90 % und ist bei jungen Tieren besonders hoch. Eine Sonderform der FPV-Infektion stellt das sogenannte „feline Ataxie-Syndrom“ (zerebellare Ataxie) dar. Bei Infektionen trächtiger Kätzinnen werden die Feten intrauterin infiziert. Intrauterine Infektionen im ersten Drittel der Trächtigkeit führen zu fötalem Tod und Fruchtresorption oder Geburt mumifizierter Föten. Infektionen im mittleren Teil der Trächtigkeit haben Aborte zur Folge. Tritt die Infektion im letzten Drittel der Trächtigkeit auf, kommt es zur Geburt von lebenden Welpen mit unterschiedlichen Schädigungsgraden (auch innerhalb eines Wurfes) des sich spät entwickelnden neuralen Gewebes. Die Welpen zeigen Schädigungen des Cerebellums, seltener des Nervus opticus und/oder der Retina. Die Virusreplikation in den Purkinjezellen des fetalen Kleinhirns führt zur Kleinhirnhypoplasie und daraus resultierend zum Krankheitsbild der felinen Ataxie. Die Katzenwelpen zeigen nach der Geburt eine charakteristische Hypermetrie, Ataxie, Inkoordination und häufig Intentionstremor.

Laboruntersuchungen bei Katzen mit feliner Panleukopenie zeigen typischerweise eine Leukopenie mit Neutropenie und Lymphopenie 4 - 6 Tage nach Infektion. Als Folge der Neutropenie kommt es zu einer reduzierten systemischen Abwehr gegenüber bakteriellen Infektionen und so häufig zur Sepsis.

Diagnose

Die Diagnose einer Panleukopenie erfolgt durch direkten Erregernachweis im Kot. Mehrere Schnelltests zum Nachweis von Parvovirus-Antigen im Kot von Katzen (und Hunden) auf der Basis eines ELISA oder eines ähnlichen Immunchromatographieverfahrens sind auf dem Markt erhältlich. Die Tests sind, selbst wenn sie nur für den Hund zugelassen sind, auch bei der Katze gut für die Routinediagnostik geeignet. Die Tests sind sehr spezifisch, die Sensitivität ist allerdings nicht so hoch. Tatsächlich infizierte Tiere können wegen daher falsch-negativer Tests übersehen werden. Bei negativem Ergebnis sollte also im Verdachtsfall eine PCR zum Nachweis der viralen RNA durchgeführt werden. Die PCR kann aus Kot oder Vollblut durchgeführt werden (oder post mortem aus Gewebeproben). Sie ist sehr sensitiv. Die PCR aus Blut ist z. B. geeignet, wenn die Katzen keinen Kot absetzen. Katzen, die mit attenuierten Lebendvakzinen geimpft wurden, können bis mindestens 4 Wochen nach der Impfung sowohl in Antigen-Tests als auch in der PCV positiv sein.

Ein Nachweis von Antikörpern im Serum (meist mittels Hämagglutinationshemmungstest) ist zur Diagnose der Panleukopenie nicht geeigent, da fast jede Katze aufgrund einer vorhergehenden Impfung oder einer klinisch-inapparenten Infektion Antikörper besitzt. Zudem sind Antikörper bei natürlicher Infektion frühestens nach 6 Tagen nachweisbar und steigen erst im Verlauf der nächsten Wochen (meist erst nach dem Auftreten von Symptomen), sodass der Antikörpernachweis bei Auftreten erster Symptome meist noch negativ ist. Sinnvoll ist ein Antikörpernachweis jedoch zur Aussage über einen bestehenden Schutz, z. B. zur Bestimmung des optimalen Impfzeitpunktes bei Katzenwelpen oder zur Entscheidung über die Notwendigkeit einer Wiederholungsimpfung.

Behandlung

Bei klinisch manifester Panleukopenie sollte unbedingt eine Intensivtherapie durchgeführt werden, da eine parenterale Infusionstherapie, symptomatische Therapiemaßnahmen sowie Hygiene und gute Pflege essentiell sind. Zur Wirksamkeit von kommerziell erhältlichen spezifischen Antikörper-Präparaten gibt es bisher keine Studien zur Panleukopenie. Oft wird eine Therapie mit rekombinatem felinen Interferon-ω durchgeführt. In mehreren Studien bei Hunden mit caniner Parvovirose wurde eine signifikant höhere Überlebensrate durch diese Therapie nachgewiesen. Gut kontrollierte Studien zur Wirksamkeit bei feliner Panleukopenie gibt es bisher nicht; da sie jedoch bei Hunden effektiv ist, ist die Wirksamkeit auch bei Katzen sehr wahrscheinlich.

Wichtig in der symptomatischen Behandlung ist eine intensive Flüssigkeitstherapie. Sie dient dem Ausgleich von Dehydratation und der Wiederherstellung des Elektrolytverlusts (v. a. Kalium) und Säure-Base-Haushalts (metabolische Azidose). Bei Hypoproteinämie ist die Aufrechterhaltung des onkotischen Drucks mittels kolloidaler Lösungen, Vollblut, Plasma oder totaler parenteraler Ernährung (TPN) notwendig. Bei Neutropenie und/oder blutigem Durchfall sollten Antibiotika zum Schutz gegen Sepsis möglichst intravenös verabreicht werden. Eine weitere Wirkung der Antibiose besteht in der Reduktion der mitotischen Aktivität des Darmepithels durch Verringerung der Darmflora. Bei Abwesenheit von Bakterien teilen sich die Mukosazellen des Dünndarms langsamer und bieten den Viren somit keine ausreichende Möglichkeit zur Vermehrung. Die Antibiotika sollten ein breites Spektrum aufweisen und besonders gegen gramnegative Keime wirksam sein, da gerade diese Darmbakterien aus dem Darm übertreten und eine Sepsis hervorrufen. Zudem sollten sie möglichst über den Darm und nicht über die Nieren ausgeschieden werden. Bei Erbrechen können Antiemetika und eine Magenschutztherapie verabreicht werden. Sobald kein Erbrechen mehr vorliegt, sollte möglichst schnell wieder Futter angeboten werden; die früher empfohlene Nahrungskarenz bei blutigem Durchfall ist obsolet. Bei anhaltendem Erbrechen, hochgradigem Durchfall über mehrere Tage und/oder Abfall des Albuminspiegels (< 15 g/l) sollte die Ernährung parenteral (TPN) möglichst über einen zentralen Venenkatheter erfolgen. Ist wegen starker Abdominalschmerzen eine Analgesie erforderlich, sind Opioide, wie Buprenorphin oder Fentanyl, geeignet.

Prophylaxe

Eine Impfung gegen Panleukopenie gilt als Core-Vakzinierung; jede Katze sollte zu jeder Zeit gegen Panleukopenie geschützt sein. Zur Aufrechterhaltung von schützenden Antikörpertitern müssen gut grundimmunisierte, erwachsene Katzen nicht notwendigerweise nachgeimpft werden. Viele Katzen haben nach einer Grundimmunisierung oder nach einer klinisch-inapparenten Infektionen lebenslang Antikörper gegen FPV und sind so lebenslang geschützt. Es sind Lebendimpfstoffe verfügbar, die wirksam vor einer Infektion schützen. Eine erfolgreiche Impfung induziert einen langjährigen, möglicherweise sogar lebenslangen Schutz. Der Schutz besteht auch gegen CPV-Stämme, die Katzen infizieren und eine Erkrankung hervorrufen können.

Die Panleukopenie ist in Deutschland durch die regelmäßige Impfung gut kontrolliert. Trotzdem treten immer noch Fälle von Panleukopenie vor allem bei Katzenwelpen auf; für die meisten dieser Krankheitsfälle ist eine Interferenz maternaler Anikörper mit der Impfung verantwortlich. Schon geringe Mengen von maternalen Antikörpern können die Ausbildung eines belastbaren Impfschutzes beeinträchtigen. Durch gut immunisierte Muttertiere haben die Welpen oft hohe Konzentrationen an maternalen Antikörpern, die zum Zeitpunkt der ersten Impfung im Alter von (6 -) 8 Wochen und darüber hinaus persistieren. So kommt es besonders in Zuchten, in denen regelmäßig geimpft wird, zu Ausbrüchen von Panleukopenie. Um der unterschiedlich langen Persistenz maternaler Antikörper Rechnung zu tragen, sollte die erste Impfung mit spätestens 8 Wochen (bei hohem Infektionsdruck mit 6 Wochen) begonnen werden. Danach sollten die Welpen im Abstand von 3 bis 4 Woche mindestens bis zur 16. Lebenswoche geimpft werden. Nach einer jüngeren Studie ist bei einigen Katzen selbst eine Impfung in der 16. Woche nicht ausreichend, um einen sicheren Impfschutz zu erzielen. Wenn von sehr hohen maternalen Antikörpertitern ausgegangen werden muss, kann es sinnvoll sein, zu diesem Zeitpunkt FPV Antikörper mittels Schnelltest zu bestimmen und ggf. eine weitere Impfung zu verabreichen. Die meisten adulten Katzen in Deutschland haben Antikörper gegen FPV, auch wenn die letzte Impfung bereist Jahre zurückliegt. Eine Impfung dieser Katzen bringt keinen zusätzlichen Nutzen. Ein Schnelltest auf FPV-Antikörper kann zur Entscheidung über die Notwendigkeit einer Wiederholungsimpfung herangezogen werden. Das FPV-Impfvirus kann nach der Impfung ausgeschieden werden, so dass die Katzen dann evtl. im Kot-Antigentest oder in der Kot-PCR positiv reagieren. Das Impfvirus kann auch übertragen werden, verursacht aber keine klinischen Veränderungen.

weiterführende Literatur

  • Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre; Herausgegeben von H.J. Selbitz; U. Truyen; P. Valentin-Weigand; Enke-Verlag Stuttgart 10. Auflage (2015); Panleukopenie der Katze; Uwe Truyen ; S. 460 ff.
  • Bergmann, et al. (2018) Antibody response to feline panleukopenia virus vaccination in healthy adult cats. J Feline Med Surg 20 (12): 1087-1093. 10.1177/1098612x17747740
  • Proksch, et al. (2018) [Feline panleukopenia - the important role of antibodies]. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 46 (1): 49-56. 10.15654/tpk-161024
  • Mende, et al. (2014) Evaluation of an in-house dot enzyme-linked immunosorbent assay to detect antibodies against feline panleukopenia virus. J Feline Med Surg 16 (10): 805-11.
  • Greene CE. Kapitel: Feline Enteric Viral Infections. In: Infectious Diseases of the Dog and Cat. Eds: Greene CE; Elsevier, St. Louis (2012), S. 80-91.
  • Jakel, et al. (2012) Vaccination against Feline Panleukopenia: implications from a field study in kittens. BMC Vet Res 10.1186/1746-6148-8-62
  • Truyen, et al. (2009) Feline panleukopenia. ABCD guidelines on prevention and management. J Feline Med Surg 11 (7): 538-46. 10.1016/j.jfms.2009.05.002
  • Neuerer, et al. (2008) Comparison of different in-house test systems to detect parvovirus in faeces of cats. J Feline Med Surg 10 (3): 247-51. 10.1016/j.jfms.2007.12.001

Zugelassene Impfstoffe

Stand: Januar 2022

Im Folgenden sind alle in Deutschland zur Anwendung an Katzen zugelassenen Impfstoffe aufgeführt, die eine Panleukopeniekomponente enthalten. Alle Impfstoffe wurden bereits im Kapitel Calicivirus-Infektionen detailliert beschrieben. Auf eine Darstellung der Zusammensetzung, der Applikationshinweise sowie des Anwendungsgebietes wurde an dieser Stelle verzichtet. Die Impfstoffe sind in der folgenden Tabelle daher grau unterlegt.

Handelsname

Zulassungsinhaber

Impfantigen

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Hyperlink

Feliserin Plus

IDT Biologika

Serum gegen Parvovirose, Katzenseuche und Katzenschnupfen

PharmNet

Felocell CVR

Lilly

Katzenschnupfen,

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PharmNet

Fevaxyn Pentofel

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Fevaxyn Quatrifel

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Chlamydien-Infektionen

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Leucofeligen FeLV/ RCP

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EPAR

Nobivac RCP

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Purevax RCPCh FeLV

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